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Freude im Advent

Predigt über Philipper 4, 4 - 7 gehalten von Martina Rottmann am 4. Advent 2009 in der Auferstehungskirche Schweinfurt

Fröhliche Weihnacht überall… "Fröhliche Weihnacht überall…" - Sicherlich kennen viele von Ihnen dieses bekannte Weihnachtslied. "Fröhliche Weihnacht überall…" Immer wieder ist in diesen Tagen von ‚Freude' und ‚Fröhlichkeit' die Rede. Weihnachten gilt als ‚Fest der Liebe und der Freude', unter Bekannten und Arbeitskollegen wünscht man sich ‚ein frohes Fest' und kaum ein Weihnachtlied, das nicht von der ‚fröhlichen Weihnachtszeit' mit den ‚süß klingenden Glocken' und dem ‚Weihnachtsbaum' erzählt. "Fröhliche Weihnacht überall…" Wirklich fröhliche Weihnachten? Überall? Wie geht es Ihnen, wenn Sie diesen Text so hören? Freuen Sie sich eigentlich auf Weihnachten? Oder anders gefragt: Worüber sollen wir uns an Weihnachten eigentlich freuen? Vielleicht auf die freien Arbeitstage? Oder auf das ritualisierte weihnachtliche Pflichtprogramm mit Gottesdienst, Weihnachtsbraten und Familienbesuchen? Auf die Geschenke? Vielleicht ist Ihnen im Moment ja auch gar nicht nach Freude zu Mute. Vielleicht bereitet Ihnen diese Vorweihnachtszeit ja auch mehr Stress als Vorfreude: Geschenke kaufen, Plätzchen backen, Feiertage organisieren… oder auch der Jahres-End-Stress auf der Arbeit: Noch schnell das Projekt abschließen, noch dieses oder jenes vorbereiten oder abarbeiten… oder vielleicht geht es Ihnen persönlich gerade gar nicht gut. Vielleicht hat Sie oder eine Ihrer Lieben eine Krankheit, eine Not, ein Schicksalsschlag getroffen… Kurzum… vielleicht ist Freude und Weihnachtsstimmung gerade das, was ziemlich weit weg zu sein scheint. Ich möchte Ihnen einen Mann vorstellen, der ebenfalls nicht in Feierstimmung war: Er war in einer dermaßen schwierigen Situation, dass er gar nicht wusste, ob er die nächsten Tage oder Wochen überleben würde. Er war eingesperrt in einem römischen Gefängnis - ohne jegliche sanitäre Einrichtungen oder medizinische Versorgung. Eingepfercht in einem dunklen, stinkenden, engen Loch, immer in Befürchtung der bevorstehenden Hinrichtung. Wahrscheinlich ahnen Sie schon, von wem ich spreche! Die Rede ist von Paulus, diesem leidenschaftlichen Apostel und Prediger des Evangeliums, der so viele Briefe des Neuen Testaments verfasst hat. In dieser äußerlich so unfreien, bedrohlichen Situation schreibt Paulus den Brief an die Philipper; jenen Brief, der am meisten und intensivsten von der Freude spricht. Wir haben den Predigttext zwar schon gehört, aber ich lade sie ein, noch einmal zuzuhören mit diesem Hintergrundwissen: Hier schreibt ein Mann in einem römischen Gefängnis, der kurz vor seiner möglichen Hinrichtung steht! "Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe! Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus." (Phil 4, 4 - 7) Ein ganz erstaunlicher Text! - Finden Sie nicht auch? Eigentlich gibt es hierfür nur zwei Erklärungen, einen solchen Text zu verfassen: Entweder dem lieben Paulus ist die Zeit der Haft nicht besonders gut bekommen und er verfällt in seltsame Phantasien… wovon wir hier einfach mal nicht ausgehen, oder er hat hier ein ganz erstaunliches Geheimnis entdeckt, das es wert ist, näher betrachtet zu werden. "Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! … Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden!" Lieber Paulus, wie stellst du dir das eigentlich vor? "Freut euch allewege" oder "Freut euch immerzu", wie es in einer anderen Übersetzung heißt!? Sollen wir immer nur lächelnd und fröhlich umherlaufen, als würde das Leben ein Zuckerschlecken sein, als würde es uns immer nur blendend gehen? Das kannst du doch nicht gemeint haben? Du saßt doch wohl nicht freudestrahlend im Gefängnis und hast gefeiert, oder? Ich denke, die Auflösung liegt in den dazwischen liegenden Worten. Paulus schreibt nicht: Freut euch, jubelt! Sorgt euch um nichts! Sondern er sagt: "Freut euch in dem Herrn!" Sorgt euch um nichts, sondern geht mit all euren Sorgen zu Gott… "lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden!" Wir sollen uns nicht einfach so freuen, so tun, als wenn wir glücklich wären, als wenn alles in Ordnung wäre! Nein, das wäre unehrlich und gelogen! Es heißt nicht: Freut euch im Glück, freut euch in der Not, freut euch in der Angst, in der Trauer, in der Arbeit. Sondern: Im Glück, in der Not, in der Angst, in der Trauer, in der Arbeit freut euch im Herrn!! Wir sollen uns nicht wegen irgendwelcher Lebensumstände freuen, sondern unsere Freude soll - unabhängig aller Lebensumstände - aus und in Gott, in Jesus Christus, gegründet sein! Christus möchte die Mitte unseres ganzen Lebens sein. Wir sollen uns an und in Ihm freuen. Er bietet uns Seine Nähe, Seine Liebe, Seine Vergebung, Seinen Trost an - unabhängig von allen Lebensumständen! Er ruft uns zu: Komm zu mir! Du bist mein geliebtes Kind! Ich will deine Stärke, deine Kraft, deine Freude sein! Lass mich doch teilhaben an deinem Leben! Du darfst mit allem, was dich beschäftigt, zu Mir kommen! Wie soll das gehen? Paulus versucht es uns zu erklären: "…Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden!" (V6) Wir dürfen und sollen mit allem was uns beschäftigt, Schönem und Schwerem, Freud und Leid, Lust und Last zu Gott kommen und es Ihm im Gebet sagen und abgeben. Wir dürfen inständig bitten, ja sogar flehen vor Ihm und Ihm danken. Gott will unsere Mitte, unsere Quelle des Lebens sein. Er ist immer da und Er lässt uns nicht alleine! Deswegen dürfen wir uns freuen - unabhängig von äußeren Umständen. Dürfen und sollen wir uns freuen im Herrn! Das ist es, was Paulus erleben durfte. Inmitten der schrecklichsten Umstände, im Gefängnis auf seinen bevorstehenden Tod zu warten, schreibt er von dieser Freude in Christus, die selbst in solch einer Situation da ist. In wenigen Tagen werden wir im Gottesdienst wieder die Weihnachtsgeschichte hören; von der Geburt Jesu im Stall von Bethlehem und all den Ereignissen drum herum. Wenn wir an die Menschen denken, denen die Geburt Jesu als erstes verkündet wurde: Es waren Hirten, arme Arbeiter, die gerade bei der Nachtschicht waren und ihre Tiere hüteten. Diese Menschen waren bestimmt nicht in fröhlicher Weihnachtsstimmung oder voller Freude und Begeisterung bei der Arbeit. Es war Nacht, es war kalt, es war anstrengend. Mitten in ihren Arbeitsalltag begegnet ihnen plötzlich ein Engel vom Himmel und ruft ihnen zu: "Siehe, ich verkündige euch große Freude!" Und er erklärt ihnen auch den Grund für die verheißene Freude: "… denn euch ist heute der Retter geboren!" Euch ist heute der Retter geboren, welcher ist Christus, der Herr! Uns ist der Retter geboren! Christus ist unser Retter! Er lebt, auch noch heute und mitten unter uns! Das ist der Grund, warum wir uns freuen dürfen, warum wir Weihnachten feiern!! Christus möchte unser Retter sein! Möchte hineinkommen in unser Leben, unsere Schuld, unsere Not, unsere Schmerzen, unsere Freude! Wir müssen Ihn nur hineinlassen in unser Leben. Die Bibel und viele andere Menschen können bezeugen, dass da, wo sie diesen Retter, Jesus Christus, in ihr Leben hineingelassen haben, plötzlich eine Freude und ein Frieden in ihr Herz kam, der so viel größer ist, als alle äußeren Umstände. Ein Paulus, der in dieser furchtbaren Situation im Gefängnis sitzt, kann so mit solch beeindruckenden Worten von der Freude schreiben. Nicht von einer oberflächlichen Fröhlichkeit, im Sinne von: Alles ist einfach!, sondern von einer tiefen Freude, die er trotz der äußeren Umstände erleben darf, weil Christus, der Retter da ist. Dies alles ist rational nicht zu erklären. So schließt unser Predigttext auch mit den bekannten Worten: "Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus." (V7) Dieser Friede, diese Freude Gottes sind logisch nicht zu ergründen, sind ‚höher als alle Vernunft'. Wir dürfen sie nur erleben und erfahren, wenn wir bereit sind, uns auf diesen Retter einzulassen. Und das wünsche ich Ihnen, ganz besonders jetzt in dieser Advents- und Weihnachtszeit: Gottes Freude und Sein Friede mögen Ihr Herz erfüllen! In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!!


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