Als "Geburtstag" der Evangelischen Kirche feiern die Protestanten den 31. Oktober. Am Tag vor Allerheiligen 1517 schlug der Augustinermönch, Priester und Theologe Martin Luther an das Hauptportal der Schlosskirche zu Wittenberg seine 95 Thesen zu Ablass und Buße an. Mit seinem Angriff auf den Irrglauben, dass der Ablass die Voraussetzung sei, um den Menschen von der Sünde zu erlösen, leitete er die Reformation ein. Luther wollte jedoch keine neue Kirche gründen, sondern die katholische Kirche reformieren. Seitens des Papsttums wurde dies jedoch als Angriff auf Macht und Finanzen des Vatikans betrachtet. Der Verkauf von Ablassbriefen war in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts eine wichtige Einnahmequelle des Papsttums, mit dem der Bau des Petersdoms finanziert werden sollte. 1518, am Reichstag zu Augsburg, wurde Luther im Auftrag des Papstes (Leo X) vom Kardinal Thomas Cajetan verhört. Luther weigerte sich, seine Lehren zu widerrufen, wenn diese nicht durch die Bibel widerlegt werden könnten. Dank der Unterstützung durch den sächsischen Kurfürsten Friedrich (der Weise) konnte Luther den Verfolgungen entgehen. Auf der Eisenacher Wartburg arbeitete Luther unter dem Schutz des Kurfürsten an der Bibelübersetzung. Mit diesem Werk machte Luther die Bibel dem einfachen Volk zugänglich. Man musste nun nicht mehr der griechischen und lateinischen Sprache mächtig sein, um das Wort Gottes lesen zu können. „Nebenbei“ hatte Luther mit seiner Bibelübersetzung auch die deutsche Hochsprache „erfunden“, denn bis dahin hatte es Deutsch nur in einer Vielzahl unterschiedlicher Dialekte gegeben.
Als bedeutende Kennzeichen der Evangelischen Kirche können ihre strenge Berufung auf die Bibel und ihr demokratisches Kirchenverständnis gesehen werden. Die Wahlen auch aller geistlichen Amtsträger vom Pfarrer bis zum Bischof finden nicht „von oben nach unten“ sondern „von unten nach oben“ unter gleichberechtigter Einbeziehung der Laien statt. Die Lehren Luthers fanden im deutschen Sprachraum sehr rasch eine große Verbreitung . In Kärnten gehörte das Adelsgeschlecht der Khevenhüller (Burg Hochosterwitz) zu den führenden Protestanten. Von ihnen ging auch ein bedeutender Einfluss auf das protestantische Leben in Unterkärnten aus. Zur Zeit der Reformation gab es in Silberegg einen evangelischen Pastor und ein Bethaus. Zu den bekanntesten Kärntner Protestanten im 20. Jahrhundert zählt zweifellos Gerhard Glawischnig, der lange Zeit als Superintendent (vergleichbar mit dem katholischen Bischof) die Diözese Kärnten/Osttirol geleitet hatte.
Die Pfarre Klagenfurt errichtete 1901 die evangelische Predigtstation Treibach. Nach dem Bau der evangelischen Kirche in St. Veit a.d. Glan (1910 – 1912) gehörte Althofen lange zur Pfarre St. Veit. 1957 schließlich wurde Althofen zur eigenständigen Pfarrgemeinde. Sie umfasst vier Predigstationen: Althofen, Friesach, Weitensfeld und Hüttenberg. In der Pfarrgemeinde Althofen bemühten sich in den letzten 50 Jahren Pfarrer Carl Rathke (1954 – 1964), Geert Lohmann (1964 – 1976), Hans-Joachim Freund (1978 - 2016) und Gregor Schmoly (seit 2016) als Seelsorger, Prediger und Religionslehrer um die treue Verkündigung der biblischen Lehre. Die Evangelische Pfarrgemeinde Althofen ist eine typische Diasporagemeinde (der Begriff Diaspora kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Verstreutheit“). Unser Gemeindegebiet umfasst Teile des Görtschitztales, das Krappfeld, Althofen, Friesach, das Gurktal und das Metnitztal und damit beinahe 1.000 km2, das sind über 10% der Fläche Kärntens (9.536 km2). Von den etwa 28.000 Einwohnern unseres Gemeindegebietes gehören jedoch nur 700 der evangelischen Kirche an. Damit liegt der Anteil der Evangelischen in unserem Gemeindegebiet mit weniger als 3% deutlich unter dem Durchschnitt in Kärnten, der etwas weniger als 10% beträgt. Nur etwas über 1,3% aller Evangelischen in Kärnten (700 der 53.000 Kärntner Protestanten) gehören zu unserem Gemeindegebiet. "Viele Kilometer, wenige Gemeindeglieder" - so lässt sich unsere extreme Diasporasituation am einfachsten umschreiben.
Diese Zerstreutheit ist eine der schmerzhaftesten Folgen der Gegenreformation, die in Österreich unter den Habsburgern besonders grausam betrieben wurde. Nachdem der Protestantismus auch in Kärnten bereits sehr verbreitet war, wurde er ab dem Ende des 16. Jahrhunderts mit Gewalt bekämpft. In Kärnten und der Steiermark wirkte zu dieser Zeit besonders der berüchtigte Bischof von Seckau, Martin Brenner (auch der „Ketzerhammer“ genannt). Im Zuge der Gegenreformation mussten zahlreiche Kärntner unter anderem auch nach Siebenbürgen auswandern. (Hermannstadt in Siebenbürgen war 2007 europäische Kulturhauptstadt).
Den Gemeinden in der Diaspora eine „Heimat“ zu geben, ist eines der Hauptanliegen des evangelischen Gustav-Adolf-Werkes. Gustav Adolf war der schwedische König, der während des dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) die bedrängten Protestanten in Deutschland unterstützte. Er starb 1632 in der Schlacht bei Lützen. Zweihundert Jahre später wurde 1832 in Leipzig das Gustav-Adolf Werk gegründet. Das Gustav-Adolf-Werk unterstützt vor allem Diaspora-Gemeinden bei der Renovierung, beim Kauf und beim Neubau von Kirchen und Gemeinderäumen sowie bei diakonischen und missionarischen Aufgaben. Unserer Pfarrgemeinde wurde durch dieses Werk immer wieder großzügig geholfen. Dies vor allem deshalb, weil die Gustav-Adolf-Sammler und –Spender der Pfarrgemeinde Althofen im Rahmen des Werkes schon jahrzehntelang als Vorbilder innerhalb unserer Kirche gelten.
Dank der Unterstützung durch das österreichische und das deutsche Gustav-Adolf-Werk konnte den Evangelischen der Pfarrgemeinde Althofen in den letzten Jahrzehnten eine auch öffentlich sichtbare Heimat gegeben werden. 1954 wurde das Pfarrhaus in Althofen gebaut, 1963 die Christuskirche. 1984 wurde die Martin-Luther Kirche in Friesach eingeweiht und 1993 konnten wir die Christuskirche durch den Bau des Paulussaales und des Kirchturms zum Pfarrzentrum erweitern. 1998 schließlich erhielt die Predigtstation Weitensfeld mit der Waldkapelle eine mittlerweile sehr beliebte „Hochzeitskirche“. Lediglich in der Predigtstation Hüttenberg ist der Bau eines eigenen Kirchengebäudes aufgrund der abnehmenden Bevölkerungszahl leider nicht denkbar.
Unsere Gottesdienste sind geprägt von einer bewusst bibelorientierten Verkündigung und einer großen „Gastfreundschaft“. Evangelische wie auch Nicht-Evangelische treffen sich zum Singen, Beten, Hören, zum gemeinsamen Abendmahl und nach dem Gottesdienst auch zum Zusammensitzen bei Kaffee und Kuchen. Neben den Gottesdiensten bilden vor allem die Bibelkreise und ein monatlicher Lobpreisabend ein geistliches Angebot für alle fragenden und interessierten Menschen. Jungschar, Jugendkreis, eine Sommerfreizeit für Jugendliche, eine Männerfreizeit, das jährliche Gemeindeseminar…. das Angebot der Pfarrgemeinde ist für eine kleine Diasporagemeinde erstaunlich vielfältig.
Natürlich gibt es, wie in allen Kirchen und Gemeinden, auch in der Evangelischen Pfarrgemeinde Althofen Sorgen. Die Zahl der Kinder und damit der Taufen geht zurück, es gibt viele Wegzüge, und im Zuge der bedenklichen Säkularisierung unserer Gesellschaft auch vereinzelte Kirchenaustritte. Doch gerade in unserer Zeit ist es notwendig, das Protestanten nicht „Geheim“protestanten, das Christen nicht „Geheim“christen sind. Staat und Gesellschaft haben in dieser Zeit, in der die christlichen Wurzeln unserer abendländischen Kultur immer mehr in Vergessenheit geraten und gering geachtet werden, ein Recht darauf, dass Christen nicht verschämt leise sondern mutige Bekenner sind. In diesem Sinne wollen wir nicht nur evangelisch sondern „öffentlich evangelisch“ sein.