Viele Dinge hat unsere Kanzlei in der Zeit unseres Hierseins erlebt,…. fröhliche, traurige, seltsame, erschreckende. Sie wurde Zeugin von tränenreichen Trauergesprächen,- sie empfing Taufkind, Paten und Eltern zur Unterschrift im Taufbuch, ebenfalls die Eheleute mit ihren Trauzeugen,- sie musste Schimpftiraden von Kirchenbeitragsunwilligen anhören,- auf ihrem Sofa saßen bereits Scharen von jungen Müttern, die noch schnell mal ihrem Baby das Flascherl anboten, damit es im Gottesdienst „durchhalte“. Sie, die Kanzlei, schwitzte zusammen mit der ängstlich-nervösen Pfarrfrau bei der Einweisung ins EGON-Systems (Evangelische Gemeinden online) und musste hilflos mit ansehen, wie sich ihre Schränke entgegen deren Bestimmung großteils mit ganz anderen Sachen füllten als angenommen: Bastelmaterial für den Religionsunterricht oder Frauenkreis, unzählige Karten der Marburger Blättermission zum Weiterreichen, Stofftiere zum Beschäftigen unruhiger Kleinkinder während des Gottesdienstes etc.,etc..
Aber unser Pfarrbüro in der Funktion einer Umkleidekabine? - Nun ja, dass der Pfarrer manchmal nicht im Pfarrhaus, sondern erst in ihren Wänden den Talar überwirft, das kennt sie schon. Auch der Herr Bischof hat sich in ihr schon gottesdienstlich zurecht gemacht.
Was da aber vor kurzem anlässlich einer Hochzeit passierte, das hatte schon Seltenheitswert!
Der Bräutigam aus Nigeria, die Braut aus Weitensfeld: eine farbenprächtige Hochzeitsfeier!
Sogar die Kärntner Blumenkinder aus der Verwandtschaft waren mit den gleichen blauen nigerianischen Kleidern von der Familie des Bräutigams ausgestattet worden, eine Pracht!
Seltsamerweise beäugte die Familie des Bräutigams die Kinder bei deren Eintreffen etwas skeptisch, und die Mutter gab dem Bräutigam diskret einen Auftrag.
Eine Minute darauf füllte sich unsere Kanzlei mit aufgeregten Kindern und deren Eltern. Die Kleidchen hatten sie verkehrt herum getragen, die lange Reihe von glänzenden Glasknöpfen und die Schärpe gehörten nach hinten! Also Kommando retour, vorsichtig die Kleidchen, ohne die kunstvollen Frisuren zu zerstören, aus- und umgekehrt wieder anziehen. Aufregung pur!
Aber alles wurde noch rechtzeitig fertig, und das Brautpaar konnte, geleitet von den blau-weiße Rosenblätter streuenden Mädchen stilgerecht in die Kirche einziehen.