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Durst

Predigt über Johannes 7, 37-39 am Sonntag Exaudi von Pfarrer Ekhard Brandes Predigttext: Es war nun der letzte, zugleich der höchste Tag des Laubhüttenfestes. Da trat Jesus auf und rief: „Wenn einer Durst hat, kann er zu mir kommen und trinken. Schon die Schrift sagt es so: ´Wer an mich glaubt, aus dessen Inneren fließen Flüsse von lebendigen Wasser.`“ Das aber sagte er von dem Geist. Diejenigen, die an ihn glauben, die sollten den Geist bekommen. Jesus war nämlich noch nicht verherrlicht! Die Sage erzählt von einem Bauern, der einen gläsernen Schuh fand. Dieser Schuh gehörte einem Zwerg. Als Finderlohn bekam der Bauer einen Dukaten in jede Furche, die er künftig pflügen würde. Der Bauer pflügte nun unentwegt und scheffelt die Golddukaten. Er kann nicht genug bekommen. Alle zwei Stunden wechselt er die Pferde aus, aber ihm selbst darf niemand zur Hand gehen. E ist bleich und mager geworden von dem vielen Wachen und Arbeiten. Seine Frau und Kinder haben keine Freude mehr an ihm gehabt; auf die Schenken und Gelage ist er nicht mehr gegangen und hat sich allen Leuten entzogen und kaum ein Wort mehr gesprochen, sondern ist stumm und in sich gekehrt so für sich hingegangen und hat des Tages auf seine Dukaten gearbeitet, und des Nachts hat er sie zählen und darauf grübeln müssen, wie er noch einen geschwinderen Pflug erfände. Der arme Bauer hat keine vergnügte Stunde mehr gehabt, seit er so die Dukaten aus der Erde pflügte, und es hat wohl mit Recht von ihm geheißen: Wer sich dem Golde ergibt, ist schon halb in des Bösen Klauen. Auch hat er es nicht lange aus-gehalten mit diesem Laufen in den Furchen bei Tage und Nacht. Denn als der zweite Frühling kam, ist er eines Tages hinterm Pflug hingefallen wie eine matte Novemberfliege und vor lauter Golddurst vertrocknet und verwelkt. Seine Frau aber fand nach seinem Begräbnis einen Schatz, zwei große vernagelte Kisten voll heller, blanker Dukaten.

Da ist also dieser raffgierige Bauer „vor lauter Golddurst vertrocknet und verwelkt“. Die Jagd nach dem Geld hat diesen Mann umgebracht. Was unterscheidet diesen „golddürstigen“ Bauern von vielen Menschen hier bei uns. Umfragen bei jüngeren Paaren haben ans Licht gebracht, dass viele Paare deshalb keine Kinder wollen, weil sie Ein-schnitte in ihrem Wohlstand befürchten. Kinder sind bei dem Geldverdienen hinderlich, und Kinder kosten auch viel Geld. Doch auf welches Glück und auf welchen Segen verzichten solche Leute, die keine Kinder haben wollen? Geld und Wohlstand haben anscheinend höchsten Stellenwert, vielleicht höher noch als Kinder.

Fast sieben Jahre bin ich schon wieder in Deutschland. Ich kann es immer noch nicht verstehen, warum die Grundstimmung in Deutschland so depressiv ist, während in Südamerika die Leute viel unbefangener und gelassener sind. Dabei geht es den meisten Menschen dort bei 80 % Arbeitslosigkeit ohne Hartz-IV-Geld und ohne Sozialhilfe wirklich sehr schlecht. Doch es jammern hier auch Leute, die ihre regelmäßige Rente und ihr regelmäßiges Gehalt beziehen. Wir dürfen das Geld nicht zu wichtig nehmen, sonst geht es uns nicht gut!

„Vor lauter Golddurst vertrocknet und verwelkt“. „Alles ist Leiden! Alles Leiden kommt vom „Durst“, der Lebensgier! Die Aufhebung des Leidens erfolgt durch die Beseitigung des Durstes.“ Das sind drei von den vier sogenannten großen Wahrheiten des Buddhismus. Ob nun wirklich alles Leiden ist, weiß ich nicht. Aber: Alles Leiden kommt vom „Durst“, der Lebensgier! Dem kann ich zu-stimmen. Auch unser Bauer war „vor lauter Golddurst vertrocknet und verwelkt.“ Durst oder Gier verursachen Leiden! Die Bibel sieht das ähnlich. Die Ursache allen Leidens ist die Gier des Menschen nach der verbotenen Frucht. Adam und Eva essen von der verbotenen Frucht und stürzen sich und die ganze Schöpfung in tiefes Unglück! Gelernt hat die Menschheit seitdem nur wenig. „Immer besser, immer höher, immer weiter!“, heißt es, doch um welchen Preis. Unser menschlicher Fortschritt schafft alles mögliche: Totale Kommunikationstechnik, bequemes Reisen, schönes Wohnen, eine effektive Medizin, aber das alles macht die Menschen trotzdem nicht glücklich! Vielleicht stimmt es sogar, dass die Menschen früher ein härteres Leben hatten, aber den-noch ausgeglichener waren. Hier in Deutschland trifft man oft auf Leute, denen äußerlich betrachtet nichts fehlt. Doch sie sind trotzdem so unzufrieden, sie suchen etwas, sie haben Durst! Unzufriedenheit, Missstimmung, Leere und Durst: das sind die Zeichen unserer Zeit! Diese Unzufriedenheit und dieser Durst verursachen Leiden. Das Leiden hat viele Gesichter: die Flucht in den Alkohol oder in die Drogen, der Bruch in der Beziehung und das Auseinanderbrechen von Familien, das krankhafte Streben nach Luxus und letztlich ja auch die Gewalt und die Kriminalität. „Alles Leiden kommt vom „Durst“, der Lebensgier!“

Doch wie kommt man da raus? In der Diagnose stimmen Buddha und Jesus überein, ihre Therapie ist jedoch ganz unterschiedlich! Buddha sagt: „Die Aufhebung des Leidens erfolgt durch die Beseitigung des Durstes.“ Auch das ist zweifellos richtig! Während Buddha den Durst durch Meditation, angemessenes Verhalten und Verleugnen der Welt beseitigen will, sagt Jesus: „Wenn einer Durst hat, so kann er zu mir kommen und trinken.“ Jesus überwindet den Durst, indem er ihm für immer löscht. Er gibt vom lebendigen Wasser, von Gottes Geist! So bringt er den Menschen Heilung und Erlösung. „Du musst dir selbst helfen!“, sagt Buddha. - „Ich helfe dir!“, sagt Jesus. Das ist der Unterschied zwischen Jesus und Buddha.

Jesus lädt uns ein: „Wenn einer Durst hat, kann er zu mir kommen und trinken.“ - „Wenn einer auf der Suche ist, so findet er in mir den Weg, die Wahrheit und das Leben!“ Jesus Christus ist Gottes Antwort auf unser Suchen und Fragen. Wer zu Jesus Christus Vertrauen hat, in dem wohnt der Geist Gottes. Der Geist Gottes ist mit leben-digen Wasser gemeint ! Wer den Geist Gottes hat, der hat Vertrauen. Wer den Geist Gottes hat, der hat Hoffnung. Wer den Geist Gottes hat, der hat Liebe. Wer den Geist Gottes hat, der hat Frieden.

„Wenn einer Durst hat, so kann er zu mir kommen und trinken.“ – Der Geist der Freude will die Trauer verbannen. Der Geist der Erkenntnis will die Sinnlosigkeit vertreiben. Der Geist des Friedens will die innere Unruhe besänftigen. Der Geist der Hoffnung überwindet die Resignation. Der Geist Jesu stillt allen Lebensdurst!

In der Natur können wir zuschauen, wie Bäume und Pflanzen vom Lebenssaft erfüllt sind. Wir sind Zeugen ihrer Blütenpracht. In wenigen Wochen werden wir uns an ihren Früchten erfreuen können. Bald essen wir die Beeren der Büsche, die Kirschen und zum Herbst die Äpfel. An anderer Stelle vergleicht Jesus die Menschen mit Bäumen. An seinen Früchten erkennt man die Qualität des Baumes: Gute Bäume bringen gute Früchte hervor, so sollen auch wir Menschen gute Früchte hervorbringen. „Wer an mich glaubt, aus dessen Inneren fließen Flüsse von lebendigen Wasser.“ Wer an Jesus Christus glaubt, dessen Glaube trägt auch Früchte für andere! Wer den Geist Gottes in sich trägt, der bringt auch Früchte des Glauben, Früchte der Hoffnung und Früchte der Liebe. Durch seinen Geist will uns Jesus Christus neue Lebenskraft geben. Durch diesen Geist der Liebe lasst uns unsere Mitmenschen zu unserem Erlöser, zur Quelle unseres Lebens hinführen.

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